Die Zwerge im Keller (Sage) Als auf der vom Mildewasser umflossenen Burg Kalbe noch die
Grafen von Alvensleben wohnten und ihr Land beherrschten, wurde eine Gräfin
eines Nachts von einem Mädchen, einer Zwergin, geweckt. Sie stand mit einem
Laternchen da und wisperte aufgeregt, sie möge doch ohne Angst ihr eilig folgen,
nicht sprechen und auch keine Geschenke annehmen.
Im ersten Augenblick wollte die Gräfin nach ihren Dienstmägden
rufen, aber dann reizte sie die Neugier. Wohin wollte die Zwergenfrau sie
überhaupt führen? Zuerst ging es die Treppen hinab in die ausgedehnten
Kellergewölbe, von denen manche noch heute im einstigen Burgbezirk genutzt
werden. Dann zwängten sich beide durch einen Mauerspalt, liefen einen langen
Gang weiter und fanden in einem Raum mit glitzernden, leuchtenden Mauern noch
mehrere Zwerginnen, die nicht Rat wussten, um eine Zwergenfrau, die in einer
schweren Geburt lag, zu helfen. Die Gräfin wusste Rat und half sehr geschickt,
so dass bald das Zwergenkind lebte. Alle dankten und schleppten viele
altertümliche Goldmünzen herbei, aber die Frau nahm nichts an und wurde
zurückgeleitet.
Schon am nächsten Morgen war der Gräfin so, als hätte sie das
Ganze nur geträumt. Das Geschehen unter der Burg erschien ihr immer
unwahrscheinlicher. Sie erzählte es niemanden, weil sie fürchtete, man glaubte
ihr nicht und machte sich heimlich über sie lustig.
Doch plötzlich wachte sie nachts wieder auf, und nun stand
eine Zwergenfamilie vor ihrem Bett. Die Zwergenfrau hielt ihr klitzekleines Kind
froh in den Armen, und der glückliche Zwergenvater schenkte der Gräfin einen
goldenen Ring. Als sie in eingedenk des Verbotes ablehnte, steckte er ihn ihr
einfach an den Finger, und schon war alles im Dunkel verschwunden. Der Ring war
am nächsten Morgen noch vorhanden, und deshalb hat die Gräfin dann ihr seltsames
Erlebnis mit den Zwergen unter der Burg Kalbe erzählt.
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