Die Sparkasse Kalbe (Milde)
aus der Broschüre Geschichten einer Sparkasse in der Altmark von Günter Lohan, geringfügig verändert von H. Krüger In Vorbereitung der Chronik hat Günter Lohan etliche Interviews durchgeführt, 2 davon können Sie hier hören.
Günter Lohan ehemaliger Abt. Leiter der Sparkasse interviewt Frau Hilke Menk: | |
Günter Lohan ehemaliger Abt. Leiter der Sparkasse interviewt Frau Gerda Koska/Selle geb. Wenzig: | |
Die Sparkasse Kalbe (Milde) besteht seit dem 01. Januar 1846, und zwar als "Specialkasse", später Nebenkasse genannt, der Ständischen Sparkassen der Altmark mit Sitz in Stendal. Die Idee, Sparkasse zum Nutzen "geringer Personen" zu errichten und damit gleichzeitig das wirtschaftliche Leben zu fördern, fand Anfang des 19. Jahrhunderts breiten Zuspruch. Nach anfänglicher Gründung von Ersparniskassen, die durchweg private Vereinigungen darstellten, wurde die erste kommunale Sparkasse 1818 in Berlin errichtet. Voraussetzung schuf die 1808 vom Freiherrn von Stein ausgehende Städteordnung, mit der Einwohner in die Selbstverwaltung der Gemeinden einbezogen wurden.
Schließlich schuf für Preußen das vom König am 12.12.1838 unterschriebene " Reglement die Einrichtung der Sparkassen betreffend" ein festes Fundament und grundsätzliche Regelungen für die Schaffung von kommunalen Sparkassen.
Es begann "Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen p.p. thun kund und fügen zu wissen: Da die Bildung von Sparkassen sich als eine nützliche Einrichtung bewährt und eine immer weitere Ausdehnung gewonnen hat ... " soll die Gründung solcher Institute gefördert werden.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Preußen zwei Jahr zuvor mit der Gründung des Deutschen Zollvereins eine positive ökonomische Entwicklung eingeleitet und forciert hatte.
Mit der Bildung von Sparkassen belebte sich die finanzielle Zirkulation die ihrerseits die ökonomische Entwicklung weiterentwickelte.
In der Altmark kam es zuerst in den beiden größeren Städten Stendal und Salzwedel zur Gründung von Sparkassen. Während in Salzwedel das stark vertretene Bürgertum der Stadt die Gründung der "Sparkasse der Stadt Salzwedel" im Jahre 1842 auf städtischer Basis zu Wege brachte, war es in Stendal der Communal Landtag der Altmark, in welchem die Ritterschaft (der landsitzende Adel) dominierte, der 1843 die Errichtung der "Ständischen Sparkassen der Altmark" mit Sitz in Stendal beschloss, letztere war in Trägerschaft des kommunalständischen Verbandes der Altmark für die gesamte Altmark eingerichtet worden.
Wie in vielen anderen Städten und Regionen überlagerten sich die Interessen teilweise und führten sogar zur Konkurrenz. So wurde in Salzwedel trotz der dort bestehenden Stadtsparkasse eine Nebenkasse der Ständischen Sparkasse der Altmark eingerichtet die bis zum 1. Mai 1929 bestand.
Die Stadtsparkasse Salzwedel begann ihre Tätigkeit am 6. März 1843, die Ständische Sparkasse in Stendal drei Jahre später am 1. Januar 1846. Es wird angenommen das sich überlagernde Interessen mit dem bereits bestehendem Privatbankier Hemptenmacher der gleichzeitig Stadtverordneter war vorhanden waren. Hieraus lässt sich evt. auch ableiten, warum in Stendal als erstes keine Stadt- oder Kreissparkasse gegründet wurde, sondern eine Sparkasse entstand die in Trägerschaft des kommunalständischen Verbandes der Altmark stand. Eine Stadtsparkasse Stendal wurde erst später im Jahre 1866 errichtet.
Diese von den sonst üblichen Grundsätzen abweichende Regelung wird in einem Gutachten des Communal-Landtages vom 21. März 1850 aufgegriffen, in welchem "... durch einen Commissarius der Königlichen Regierung zu Magdeburg ... die Abänderung einiger statutarischer Bestimmungen verlangt (wird), weil die Verwaltung des Institutes in der Ausführung in einigen Beziehungen eine andere, mehr dem Zwecke entsprechende, jedoch von dem Statute abweichende, geworden wäre,..."
Die in der gesamten Altmark tätige Ständische Sparkasse bzw. Hauptsparkasse der Altmark, die dieser ungewöhnlichen Form bis zum 31.12.1949 existierte, war unter heutigen Gesichtspunkte ihrer Zeit voraus und es ist die Zeit nicht mehr weit, dass bedingt durch Fusionen (hervorgerufen von wirtschaftlichen Zwängen) wieder eine Sparkasse für die Altmark entstehen wird.
Aber zurück zur Sparkasse nach Kalbe, dass Calbe gleich 1846 eine Spezial-Kasse erhielt und die Nachbarstadt Bismark erst 13 Jahre später, ist mit Sicherheit darauf zurückzuführen das sowohl Calbe als auch Bismark Mediat-Stadt derer von Alvensleben waren, die von Alvensleben in Kalbe aber ihren Sitz hatten.
Als erster Curator wurde somit auch ein von Alvensleben bestallt. Erster Rendant war der Kaufmann Hermann Brust, in dessen Haus sich das Kassenlokal befand. Zweimal im Monat wurden Einzahlungen angenommen, am Sonnabend nach dem Ersten und am Sonnabend nach dem Fünfzehnten.
Die Aufgabe der Sparkasse lautete nach § 1 ihres Statuts:
"Die ständische Spar-Kasse wird zum Besten unbemittelter Einwohner der Altmark errichtet. Zweck derselben ist zur Ordnung und Sparsamkeit aufzumuntern, Gelegenheit zur sicheren und zinsbaren Unterbringung kleiner Geldbeträge zu geben und dadurch zur Sammlung von Capitalien behülflich zu sein, welche bei Vereheirathungen, bei Einrichtung und Erweiterung eines Gewerbes, im Alter und im Falle der Not benutzt werden können."
In dieser Zeit entstand der zur allgemeinen Redensart gewordene Werbespruch "Spare in der Zeit - so hast Du in der Not!" Beharrliches Wirken für den Spargedanken und um das Vertrauen der Bürger brachten nach und nach Erfolg. Auch wurden "Sparkassen-Interessenten" für mehrjähriges fleißiges Sparen mit Prämien bedacht, wobei diese Prämierung bezeichnenderweise nur unbemittelten Bürgern zugute kam, wie Tagelöhnern, Dienstmägden und Handwerksgesellen, zum Ansporn für andere Personen geringen Standes.
Am 8. Februar 1862 konnte die Dienstmagd Johanna Neuland, verehelichte Drechsler, 3 Taler, 11 Silbergroschen und 11 Pfennige ihrem Sparkassenbuch bei der Special Sparkasse Calbe zuschreiben lassen. Auch weitere zwei Dienstmägde kamen als fleißige Sparer in den Genuss von Prämien.
Die auf diese Art und Weise unterstützte Sparsamkeit trug ihre Früchte. Ebenso war die 1859 vorgenommene Erhöhung des Zinssatzes von 2 ½ % auf 3 1/3 pro Cent dazu angetan, den Sparwillen bei den Bürgern zu fördern und die Nebenstelle Calbe voranzubringen, was folgende Zahlen bestätigen:
Jahresende Sparbücher | Bestand an Sparguthaben |
| Reichstaler Silbergr. Pfennige |
1846 | 615 15 |
1856 | 177 9.004 17 5 |
1866 | 645 44.790 26 9 |
| Mark Pfennige |
1876 | 1.080 312.553 | |
1883 | 1.217 363.543 29 | |
1895 | 850.964 50 | |
1913 | 3.081.060 50 | |
Im Jahresbericht der Hauptsparkasse der Altmark für 1914 ist festgehalten, wie sich die Guthaben zusammensetzen
| Guthaben | Anzahl Konten |
Nebenstelle Calbe | 3.136.663,37 Mark | 3.749 |
Nebenstelle Bismark | 2.182.155,98 Mark | 3.386 |
Die Höhe der einzelnen Guthaben setzt sich in Calbe wie folgt zusammen:
in Mark von bis | Anzahl |
-60 | 1.037 |
60-150 | 470 |
150-300 | 460 |
300-600 | 499 |
600-1.500 | 689 |
1.500-3.000 | 326 |
3.000-10.000 | 242 |
über 10.000 | 26 |
Vergütungen bei der Sparkasse Calbe im Jahre 1914
Rendant: Wilkens | 2.650 Mark |
Curator Petri | 265 Mark |
Aus dem Überschuss der Hauptsparkasse wurden laut Beschluss des Kommunal-Landtages der Altmark "... der Stadt Calbe a. Milde zur Unterhaltung einer Krankenpflegestation daselbst eine Beihilfe" gewährt. Beschluss vom 27.11.1914 250 Mark ./. 10.11.1916 500 Mark
Kriege, Inflationen, Geldentwertungen und wirtschaftliche Depressionen standen einer Entwicklung des Sparwesens immer wieder hemmend und störend im Wege. Auch schlechte Ernten in der Landwirtschaft wirkten sich nachteilig aus. Während bei der Sparkasse Calbe in den Kriegsjahren 1864, 1866 und 1870/71 kein Rückgang der Sparkassenkunden und des Guthabens zu verzeichnen war, hatte die als Folge des 1. Weltkrieges einsetzende Inflation verheerende Auswirkungen. Sparer erlitten den schmerzlichen Verlust ihrer Sparguthaben. Bargeld wurde von einem Tag zum anderen wertlos. Die Notenpresse konnte der galoppierenden Entwertung nicht nachkommen, ständig mussten Banknoten mit höheren Wertangaben gedruckt werden.
(von der Zehn-Mark-Banknote 1920 über den Tausend-Mark-Schein 1922 bis zur Zwanzig-Millionen-Mark-Banknote vom 1.09.1923 - die Wertangaben gingen immer rascher voran bis in die Milliarden und Billionen.)
Welche verhängnisvollen Auswirkungen, derartige Störungen auch in der Altmark hatten, zeigt ein Vergleich der Sparguthaben 1914 und 1952 bei den Sparkassen Calbe und Bismark.
Jahr | Calbe (M) | Bismark |
1914 | 3.136.663 M | 2.182.156 M |
1952 | 567.000 M | 9; 996.000 M |
Dieser Rückgang ist hauptsächlich eine Folge der Inflation. Des weiteren mag eine Rolle gespielt haben, dass die gerade in den Notzeiten entstandenen Raiffeisen-Genossenchaften Zusammenschlüsse von Landwirten zur gegenseitigen Hilfe) in den ländlichen Bereichen um Calbe sehr rührig waren. Vermerkt sei noch: Die Kreditinstitute konnten nach Beendigung der Inflation die Einlagen ihrer Kunden mit 19 % aufwerten, In dem aufgezeigten Vergleichszeitraum 1914 - 1952 gab es bei den Sparkasse wesentliche Veränderungen. Mit den nach dem ersten Weltkrieg anstehenden politischen Veränderungen in Preußen wurde die Auflösung des Kommunal-Landtages und mit ihr am 1.März 1927 die Auflösung des Kommunalverbandes der Altmark beschlossen.
In den danach einsetzenden Verhandlungen über die Bildung eines Zweckverbandes "Hauptsparkasse der Altmark" lehnte der Kreis Salzwedel eine Beteiligung ab. Der Kreis und die Stadt nahmen die Gelegenheit wahr, durch gemeinsames Vorgehen einen eigenen "Zweckverband Salzwedel Stadt und Land" ins Leben zu rufen. Im Sparkassenbereich hatte das zur Folge, dass eine "Stadt- und Kreissparkasse Salzwedel" gebildet und die Hauptsparkasse Stendal aus dem Kreis Salzwedel verdrängt wurde, was auch zur Schließung der Nebenstelle der Hauptsparkasse Calbe führte. Diese ging auf die neu eingerichtete Zweigstelle Calbe der Stadt- und Kreissparkasse Salzwedel über. Damit ging 1929 die Ära der Special-Kasse bzw. Nebenstelle Calbe zu Ende.
Eine Reihe bekannter und angesehener Bürger der Stadt hatten für sie gewirkt.
Die Nebenkasse soll sich in der Gerichtsstraße befunden haben, mindestens seit 1899 in der Gerichtslaube und ab 1920 in der gleichen Straße im Haus der 1955 abgerissenen Drogerie. Für Bankgeschäfte stand jeweils ein Büroraum zur Verfügung.
Sparkasse Calbe a.d.Milde - Zweigstelle der Stadt- und Kreissparkasse Salzwedel
Die neue Zweigstelle nahm in einem Hausgrundstück, das zu diesem Zweck voll ausgebaut wurde, am 1. Oktober 1928 ihre Tätigkeit auf. (Das Haus befand sich an der gleichen Stelle, an der sich auch jetzt die Sparkasse befindet. Um- und Ausbauten haben es jedoch völlig verändert.)
Als Leiter der Zweigstelle wurde Walter Menk eingesetzt. Mit jugendlichem Elan und viel persönlicher Werbung in Stadt und Land erreichte er eine Ausweitung des Kundenkreises und steigende Einlagenbestände. Erster Lehrling war Hans Strecker aus Winterfeld, der sich in späteren Jahren bei der Kreissparkasse Salzwedel und darüber hinaus große Verdienste um das Sparwesen erwarb.
In diese Zeit fiel die Übernahme der Konten des bis dahin in Calbe bestehenden privaten Bankgeschäftes des Kaufmanns Fritz Hermann, der verstorben war.
(1920 bestand in Calbe eine Agentur der Mitteldeutschen Privatbank, diese vereinigte sich mit der Commerzbank zur Commerz- und Privatbank. Diese Agentur verwaltete seit 1919 der Kaufmann Herrmann. Als die Agentur im November 1923 geschlossen wurde, führte der Kaufmann Herrmann diese bis 1939 als Privatbankier weiter.)
Nach dem 2. Weltkrieg übernahm Herbert Karau die Zweigstelle, die er auch in ihrer gehobenen Aufgabe ab November 1952 als "Kreissparkasse Kalbe" weiter leitete.
Die Mitarbeiter der am 23. November 1952 aus der Zweigstelle hervorgegangenen Kreisparkasse Kalbe stellten sich mit enormen Fleiß und persönlichem Einsatz den neuen Aufgaben. Das Gebäude der bisherigen Zweigstelle diente fortan als Kreissparkasse, allerdings räumlich sehr beengt. Schwerpunkt in der Arbeit bildete vor allem die Wiedergewinnung der Bürger für den Spargedanken, hatten diese doch den bitteren Verlust ihrer Ersparnisse noch nicht vergessen.
Zu dem Komplex des von den Ereignissen der letzten Jahrzehnte stark beeinträchtigten Sparwesens ist in der "Chronik der Kreissparkasse Kalbe 1952 - 1987 festgehalten:
" Die denkbar schwerste Erschütterung erlitt die Spareinlagensammlung in der Inflation 1918 bis 1923, die eine direkte Folge des ersten Weltkrieges war. Der mit der Inflation vernichtete Sparsinn musste neu belebt und unter schwierigen politischen Verhältnissen wiederhergestellt werden. Eine große Aufgabe für die Sparkassen, der sie sich mit Fleiß und Engagement widmeten.
Doch wieder gingen ihre Erfolge verlustig, als mit dem 2. Weltkrieg erneut die Währung ruiniert wurde. Der Sparer wurde ein weiteres Mal um seine Ersparnisse, um die Früchte seiner Hände Arbeit betrogen."
Die vor dem 9. Mai 1945 angelegten Guthaben wurden in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zunächst eingefroren und im Zuge der Währungsreform 1948 im Verhältnis 10 : 1 umgewertet. Inhaber von Guthaben des während des Krieges eingeführten "Eisernen Sparens" gingen völlig leer aus. Die Auszahlung der auf 10 Prozent abgewerteten Sparbeträge erfolgte zudem nur in Raten und dauerte bis Ende der 60 Jahre.
Unter diesen historischen Gegebenheiten hatten sich die Sparkassen der Situation angepasste Ziele zu stellen. Dazu heißt es in der besagten Chronik:
" Die Mitarbeiter der Sparkassen standen vor der schwierigen Aufgabe, auf vielfältige Art und Weise den Sparwillen trotzdem wieder zu wecken, dem Bürger die persönlichen Vorteile des Sparens aufzuzeigen und auch die volkswirtschaftliche Bedeutung zu erläutern."
Von der Steigerung der Spareinlagenbestände hing ab, in welcher Höhe Kredite ausgereicht werden und damit das Aktivgeschäft belebt werden konnte, alles mit dem Ziel, künftig rentabel zu wirtschaften und schließlich Gewinn zu erzielen.
Schließlich wollte die Kreissparkasse mit der Gewährung von Krediten dazu beitragen, die Wirtschaft im Kreisgebiet in Gang zu bringen, kamen doch von der sich langsam entwickelnden Wirtschaft vermehrt Kreditnachfragen. So von Ziegeleien, Sägewerken und der Konservenfabrik Bismark sowie von dem aufstrebenden Handwerk, hier z.B. für die Herstellung von dringend benötigten Wassereimern, Ofenrohren und Glasfliesen. Auch das Bauhandwerk meldete Kreditbedarf und nicht zuletzt der private Einzelhandel, später dann die neugegründeten PGH (Produktionsgenossenschaften des Handwerks).
Außerdem gab es Darlehensanträge für den beginnenden Wohnungsbau, den Bau von Arbeitereigenheimen und von Mehrfamilienhäusern der Arbeiter- Wohnungsbau-Genossenschaften (AWG) in Kalbe und Bismark. Der sogenannte "Volkseigene Wohnungsbau" war durch den Verkauf von höherverzinslichen Obligationen seitens der Sparkasse zu finanzieren.
Die Beschaffung der für all diese Vorhaben benötigten finanziellen Mittel machte eine intensive und umsichtige Werbung zur Steigerung des Spareinlagenbestandes notwendig. Welche Kraft und Anstrengungen erforderlich waren, ist erkennbar, wenn man bedenkt, dass die Werbung von Sparverträgen mit monatlichen Beträgen von 5,00 DM begann.
Jahr | Sparverträge Anzahl | Sparkonten Anzahl | Spareinlagen TDM |
1952 | 7.453 | 2.028 | |
1953 | 1.061 | 9.635 | 2.652 |
1957 | 3.914 | 14.334 | 6.754 |
1960 | 5.876 | 18.742 | 13.010 |
Mit dieser Steigerung der Spareinlagen war die Grundlage geschaffen, allen Kreditwünschen entsprechen zu können und Gewinne zu erwirtschaften.
Das Kreditgeschäft erfuhr im Laufe der Jahre eine beachtliche Ausweitung, sowohl in den Kreditarten als auch in der Höhe der insgesamt ausgereichten Kredite.
Kredite für persönliche Bedürfnisse der Bürger.
Machten 1952 bei den Krediten für die Bürger die "Umsiedler-Wohnbedarfkredite", so die damalige offizielle Bezeichnung der zinslosen Kredithilfe für die Vertriebenen aus den Ostgebieten, mit 1.416 Krediten und einer Kreditsumme von 386.000 DM den größten Anteil aus. So gewann bald das sogenannte "Möbelsparen", anschließend der Zweckspar- und Darlehensvertrag an Bedeutung, für welche der Grundsatz galt "Vom Sparen zum Kredit". Eine sinnvolle und zielbewusste Gewöhnung des Bürgers, erst nach vorangegangenem Sparen zum Kredit zu kommen. Wobei gleichzeitig mit der Ratenzahlung zum Ansparen die anschließende Pflicht zur monatlichen Rückführung des Kredites gewissermaßen geprobt wurde.
Auch der nachfolgend eingeführte Teilzahlungskredit erwies sich als von den Einwohnern des Kreises Kalbe gern genutzte Möglichkeit zur Verbesserung des Wohnkomforts und des Lebensstandards. Das beweist der Stand Ende 1987 mit 2.686.000 DM. Wer meint die Ausreichung eines Teilzahlungskredites ging so einfach von statten, neben der auch heute üblichen Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit und der Kreditwürdigkeit des Antragstellers, konnte nur ein Kredit ausgereicht werden, wenn die zu beschaffende Ware in einem besonderen Verzeichnis des Ministeriums für Handel- und Versorgung enthalten war. So wurde gesteuert, dass "Raritäten" die nicht in ausreichendem Maße produziert wurden, nicht auch noch auf Kredit gekauft werden konnten. Die Direktoren hatten daneben noch eine kleine begrenzte Möglichkeit sogenannte "Nur Mut - Kredite" auszureichen, mit dehnen in besonderen Situationen geholfen werden konnte. z.Bs. wenn ein Schwerbehinderter ein Fahrzeug für seine Arbeit benötigte, konnte sogar als große Ausnahme ein damals heißbegehrter Trabant auf Kredit angeschafft werden.
Als weitere Kreditart gab es den Kredit an "Junge Eheleute", der den jungen Ehepaaren den Start ins gemeinsame Leben und zur Gründung ihrer Familie erleichterte, zumal bei der Geburt von Kindern ein Kreditnachlass gewährt wurde.
| Anzahl | Betrag |
Ausgereichte Kredite 1972 bis 1985 | 1.343 | 7.176 TDM |
Krediterlasse bei 1.,2. und 3 Kind | 1.493 | 2.669 TDM |
Bei 1 Kind wurden 1 TDM beim 2. Kind weitere 1,5 TDM und beim 3 Kind nochmals 2,5 TDM vom Staat erlassen. Diese Kredite wurden zinslos für den Kunden geführt. Zu bemerken ist, das der Sparkasse bei fast allen Krediten die zinsvergünstigt an die Kunden ausgeliehen wurden eine Differenz bis zu 4 bzw. 4,5 % am jeweiligen Jahresende vom Staat erstattet wurde.
Die größte Steigerung des Kreditgeschäftes diente dem Bau von Wohnungen. Trotz der schwierigen Beschaffung von Baumaterial, vor allem beim Eigenheimbau, stieg das Kreditvolumen sehr stark an.
Offiziell wurde das Baumaterial geplant und in entsprechenden Plänen eingestellt, einiges sollte auch durch Selbstwerbung gewonnen werden z.B. aus Abriss u.ä.. Dem war aber in der Praxis nicht ganz so, der Staat benutzte mittelbar die Kreativität der einzelnen Bürger und deren Beziehungen, dies betraf genauso die sogenannte Feierabendarbeit oder auch sozialistische Nachbarschaftshilfe genannt. In den Unterlagen durfte 5,- DM pro Stunde abgerechnet werden, gezahlt wurden aber 20 DM und mehr im Raum Berlin sogar teilweise in Westmark. - Also wurden mehr Stunden geschrieben und sehr viel Eigenleistungen erbracht.
Von der Kreissparkasse zur Verfügung gestellte Geldmittel:
- für den Bau von mehr als 200 Eigenheimen
Darlehensvolumen Ende 1987 19 ½ Millionen Mark
- für den Bau von 174 Wohnungen der Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaften in Kalbe und Bismark
Kreditmittel summiert: 3 ½ Millionen Mark
(diese Kredite waren Anfang der 70 Jahre an die Industrie- und Handelsbank die spätere Staatsbank, abzugeben)
für den volkseigenen Wohnungsbau im Kreisgebiet waren Obligationen über insgesamt 4 ¼ Millionen Mark zu verkaufen
Wenn zwar von geringem Umfang so hatten die Kredite an Handel, Handwerk sowie an die örtlichen Dienstleistungs- und Produktionsbetriebe vor allem in den ersten Jahren der Kreissparkasse eine wichtige Funktion bei der Mobilisierung der wirtschaftlichen Potenzen im Kreis Kalbe. Die Höhe der in Anspruch genommenen Kredite erreichte, während des Kalenderjahres stark schwankend, mehr als eine Viertelmillion Mark.
Das gesamt Kreditgeschäft veränderte sich im Laufe der Zeit, in den 60-iger Jahren war es im wesentlichen der Mehrfamilienhausbau und die örtliche Wirtschaft. Mit der Verstaatlichung einzelner Firmen insbesondere nach 1972, ging dieses Geschäft bis auf Handwerker und den Städtischen Dienstleitungsbetrieb (Vorgänger der heutigen Mildena) inkl. einiger PGH an die Staatsbank bzw. an die Bank für Handwerk und Gewerbe in Gardelegen über. Hier blieb keine Wahl. Dieser Sektor wurde zunehmend zentralisiert, die Sparkassen beschränkten sich immer mehr auf den privaten Sektor. Die BHG heute Raiffeisenbank gab zu dieser Zeit keine Kredit heraus, für den Landwirtschaftlichen Sektor existierte in Gardelegen die Bank für Landwirtschaft- und Nahrungsgüterwirtschaft auch Bauernbank genannt.
Mit der Bildung des Aktivgeschäftes verbesserte die Kreissparkasse ihre Ertragslage und konnte erstmals 1956 in ihrer Bilanz einen Gewinn ausweisen, der in den folgenden Jahren ständig gesteigert wurde.
1956 wurde als Direktor Artur Koralewski eingesetzt, der davor in Weferlingen als Zweigstellenleiter der dortigen Sparkasse eingesetzt war. Der bisherige Direktor Karau verließ nachdem Unregelmäßigkeiten bekannt wurden, die DDR und ging in den Westen.
Der Reservefonds (Sicherheitsrücklage=Eigenkapital) war nach den damals geltenden Bestimmungen bis zur Höhe von 519.269 M zu bilden und ein Betrag in gleicher Höhe dem zentralen Reservefonds zuzuführen. Alle darüber hinaus erzielten Gewinne mussten an den Staatshaushalt des Kreises abgeführt werden.
Diese Nettogewinnabführung, die dem Haushalt des Kreises Kalbe zugute kam, summierte sich in der Zeit von 1973 bis 1987 auf einen Betrag von 4.430.597 Mark.
Solch ein guter Erfolg, bei in etwa gleichbleibender Mitarbeiterzahl (im Schnitt ca. 32 Mitarbeiter ohne Agenturverwalter) setzte eine motivierte und einem ständigem Rationalisierungsprozess unterliegende Arbeit der Mitarbeiter voraus.
Rationalisierungsschwerpunkte waren:
1955 Übergang zur maschinellen Buchung der Sparkonten
1964 Bildung eines Buchungszentrums für die gesamte Kreissparkasse
1965 Einführung des Spargiros als buchloses Sparen bei gleichzeitiger
Nutzung der Konten für den bargeldlosen Zahlungsverkehr
1966 Erprobung und Einführung der komplexen Einmann-Bedienung als erste
Kreissparkasse im Bezirk Magdeburg
1967 Einbau von Nachttresoranlagen in Kalbe und Bismark
1970 Vorbereitung auf die elektronische Datenverarbeitung
1972 16.473 Konten umgeändert auf edv-gerechte Nummern, einschl. der
dazugehörigen Unterlagen und Überleitung auf die EDV
1984 Umstellung der EDV auf Datenfernübertragung (eine Art Fernschreiber)
Nur mit Hilfe dieser Maßnahmen konnte die verbindliche Forderung von "Partei und Regierung", die steigenden Aufgaben mit gleichbleibendem Personalbestand zu erfüllen, von den Sparkassen geschafft werden.
Zum Beispiel konnten die handschriftlich und damit zeitaufwendig einzutragenden Umsatzposten in Sparkassenbüchern durch die Einführung des buchlosen Sparens (Spargiro) von 81.852 im Jahre 1965 auf 32.996 im Jahre 1968 reduziert werden.
Das Spargiro erfreute sich zunehmender Beliebtheit. Bei gleicher Verzinsung wie im Buchsparen mit 3 ¼ Prozent ließen sich neben anderen bargeldlosen Zahlungen auch Dauer- und Abbuchungsaufträge über das Spargirokonto abwickeln. Barabhebungen konnten überall in der Republik im freizügigen Scheckverkehr vorgenommen werden.
Entwicklung des Spargiros
Jahr | Konten | Buchungsposten | Bestand TDM | DM je Konto |
1966 | 386 | 104.879 | 931 | 2.412 |
1970 | 2.506 | 143.493 | 4.750 | 1.895 |
1980 | 4.756 | 352.646 | 19.015 | 3.998 |
1987 | 5.765 | 512.635 | 33.790 | 5.861 |
Die stark ansteigende Nutzung des Spargiro wirkte sich auf das Buchsparen nicht nachteilig aus. Zwar ging anfangs der Kontenbestand zurück, was gewollt war, doch die Einlagen stiegen. Das gute alte Sparkassenbuch bewährte sich.
Jahr | Konten | Bestand in TDM | DM je Konto |
1965 | 16.041 | 23.962 | 1.494 |
1970 | 11.687 | 37.975 | 3.240 |
1980 | 11.344 | 64.151 | 5.655 |
1987 | 11.181 | 78.259 | 6.999 |
Aus den wachsenden Spareinlagen ist erkennbar, dass in der Altmark wieder fleißig gespart wird, was auch als Erfolg der Sparkassenmitarbeiter zu werten ist (durch ihre eifrige Werbung, die korrekte Arbeit und die gute Kundenbedienung)
Millionäre gab es unter den Kontoinhabern nicht, doch eine weitverbreitete positive Einstellung zum Sparen und zum sparsamen Umgang mit Geldmitteln. Interessant sind in der DDR vorgenommene Vergleiche der Guthaben je Einwohner, bei denen trotz des vorhandenen Nord-Süd - Gefälles, die Altmärker in der Republik stets am besten abschnitten.
Jahr | Kreis Kalbe | Bezirk Magdeburg | DDR |
1961 | 1.377 | 1.006 | 1.181 |
1970 | 3.686 | 2.927 | 3.055 |
1980 | 8.567 | 5.674 | 5.957 |
1986 | 10.968 | 7.720 | 7.952 |
Hierzu ergänzend: Spareinlagen je Einwohner der Altmark 1983
Kreis | Bestand in TDM |
Kalbe | 9,4 |
Klötze | 9,4 |
Salzwedel | 8,5 |
Osterburg | 8,4 |
Gardelegen | 8,2 |
Tangerhütte | 7,3 |
Stendal | 6,0 |
Zur Kreissparkasse Kalbe gehörten zwei Zweigstellen die Hauptstelle in Kalbe und eine Zweigstelle in Bismark. Daneben wurden auf ehrenamtlicher Basis in Engersen, Kakerbeck, Winterfeld, Lüge, Brunau, Jeetze und Späningen Agenturen geführt.
Überfälle auf Geldtransporte oder Zweigstellen hat es bis 1987 nicht gegeben. In der Sparkassen Agentur Jeetze wurde zweimal eingebrochen, einmal ohne Erfolg, einmal erbeuteten die Täter um die Tausend Mark.
Am 31.12.1987 endete die Ära der Kreissparkasse Kalbe. Auf Grund der Auflösung des Kreises Kalbe kam das Gebiet der beiden Zweigstellen zum Kreis Gardelegen, einige Agenturen auf dem Kalbeschen Werder wurden zur Sparkasse nach Salzwedel übergeleitet. Viele leitende Mitarbeiter wechselten mit nach Gardelegen und nahmen auf Grund Ihrer Ausbildung und ihrer Fähigkeiten dort wieder entsprechende Positionen ein. Durch die Vakanz der Direktorenstelle in Gardelegen, war der Direktor der Sparkasse Kalbe sogar gezwungen für ein halbes Jahre beide Kreissparkassen zu leiten.
In dieser Konstruktion erlebte die Sparkasse die Währungsunion. Dank der Unterstützung von Mitarbeitern der Partnersparkassen aus Soltau und Walsrode konnte die gewaltige Aufgabe der Währungsunion in guter Qualität bewältigt werden. Die Mitarbeiter haben damals gewaltiges geleistet, angefangen vom umfangreichen Arbeitspensum - fast jeder Bürger hatte sein Konto bei der Sparkasse - bis hin zur täglichen Qualifizierung, denn mit der Währungsunion wurde nicht nur die DM übernommen, sondern auch ein völlig anderes Wirtschafts- und Währungssystem eingeführt.
Aber auch der Kreis Gardelegen überlebte nicht lange, in Zuge dieser weiteren Rationalisierungsmaßnahme kam dann die Zweigstelle Kalbe zur Sparkasse nach Salzwedel und die Sparkasse Bismark wieder zur Sparkasse nach Stendal.
Heute im Jahre 2000 ist abzusehen, dass auch dies noch nicht die letzte Entwicklung ist. Wenn es Sparkassen in der Zukunft überhaupt noch geben wird, dann wird bestimmt bald von der Altmarksparkasse die Rede sein.
Übersicht der Rendanten, Kuratoren und Zweigstellenleiter der Sparkasse
Zweigstelle der Hauptsparkasse der Altmark Stendal
Rendanten:
01.01.1846 - 30.06.1847 Kaufmann Hermann Brust
01.07.1847 - 12.09.1866 Kaufmann Kagel
13.09.1866 - 22.10.1898 Gastwirt Dannehl
01.11.1898 - 07.07.1920 Uhrmacher Otto Wilkens
08.07.1920 - 01.05.1929 Kaufmann Georg Petrie
Kuratoren:
01.01.1846 - 31.12.1846 Rittergutsbesitzer v. Alvensleben
01.01.1846 - 20.10.1868 Bürgermeister Mittelstraß
01.01.1847 - 29.09.1864 Hauptmann Schulze
24.10.1866 - 12.12.1867 Drechslermeister Schmidt
13.12..1867 - 20.12.1890 Kaufmann Rober Müller
21.10.1868 - 30.10.1898 Apotheker Senff
11.12.1890 - 31.10.1898 Uhrmacher Otto Wilkens
01.11.1898 - 24.02.1913 Kaufmann Robert Richter
17.03.1913 - 07.07.1920 Kaufmann Georg Petri
08.07.1920 - 01.05.1929 Uhrmacher Beckmann
Zweigstelle der Stadt- und Kreissparkasse Salzwedel
1928 - 1945 Menk, Walter
1945 - 1952 Karau, Herbert
Direktoren der Kreissparkasse Kalbe (M)
1952 - 1956 Karau, Herbert
1956 - 1976 Koralewski, Artur
1976 - 1982 Müller, Willi
1983 - 1987 Krüger, Henning
Direktor Karau | Direktor Koralewski |
Direktor Müller | Direktor Krüger |
Zweigstelle der Sparkasse Gardelegen bzw. Salzwedel
1988 - 2013 Lotsch, Elke
2013 - 2018 Völkel, Mirko
2019 - Schomburg, Andrea
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