Geschichten über Kalbe Milde
 

 



 
Die Oberlehnsherrschaft der Erzbischöfe von Magdeburg

Das Jahr 1196 bildet den Ausgangspunkt für eine solche folgenschwere Entwicklung in der Mark Brandenburg, von der auch Kalbe aufs schwerste betroffen worden ist.

Am 24.11. 1196 übergeben in der "Hohen Kirche zu Magdeburg" (Dom) der Markgraf Otto von Brandenburg und sein Bruder Albrecht alle ihre Erbgüter in der Mark und in den zur Mark gehörigen Grafschaften Dietrich's von Groitsch und Otto's von Falkenstein an die Kirche zu Magdeburg, d.h. an das Erzbistum. Im gleichen Rechtsakt werden zwar die Markgrafen binnen eines Jahres mit eben diesen Gütern belehnt, aber der Erzbischof ist der Oberlehnsherr, rechtlich der eigentliche Besitzer der genannten Erbgüter. Während Otto Hintze (1915) gemeint hat, die Lehnsauftragung habe keine praktischen Folgen gehabt und sei bald in Vergessenheit geraten nennt Georg Sello (1887) den Vorgang "eine verhängnisvolle Schenkung". In Wirklichkeit war dieser Vorgang folgenschwer und verhängnisvoll, hatten doch die Erzbischöfe nun eine rechtliche Handhabe, sich in die Angelegenheiten der Markgrafenschaft einzumischen. Sie haben diese Möglichkeit verschiedentlich genutzt. Die Historiker sind nicht einig in der Beantwortung der Frage: Wodurch sind die Markgrafen zu diesem Schritt veranlasst worden? Offiziell heißt es in der Schenkungsurkunde: "ad reconciliandum nobis nostri clementiam redemtoris pro animarum nostrarum et proprie salutis profestu ... ", d.h. uns die Milde unseres Erlösers wieder zu gewinnen, für den beständigen Fortschritt des Heils unserer Seelen. Wollten sich dadurch die Markgrafen von einer geistl. Strafe (Bann) losmachen ? Oder wollten sie, wie es in dieser Zeit manchmal geschehen ist, eine so einflussreiche und mächtige Institution, wie es ein Erzbistum darstellte, hinter sich haben ? Oder waren es gewisse Vorleistungen, um ein Mitglied des markgräflichen Hauses auf den Stuhl des Erzbischofs zu bringen? Alle diese Fragen kann niemand mit endgültiger Sicherheit beantworten. Der feierlichen Besiegelung am 24.11.1196 im Dom zu Magdeburg folgte eine ebensolche am 25. Nov. jenseits der Elbe und auf markgräflichen Gebiet am 28.Nov. in Gardelegen.

Unter den übergebenen Erbgütern wird auch aufgezählt:"mediatem burgwardi calue cum suis attinentiis", d.h. die Hälfte des Burgwardes Kalbe mit seinem Zubehör.

Im Juli 1197 hat Kaiser Heinrich VI. diese Schenkung und Belehnung bestätigt. Nun war der Erzbischof der eigentliche Eigentümer auch der Burg Kalbe und die Markgrafen waren Lehensabhängige.

Um das expandierende Markgrafentum ergaben sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts schwerwiegende Spannungen, die bis in die Mitte des Jahrhunderts kriegerische Entwicklungen nach sich ziehen sollten, in deren Verlauf auch Kalbe schweren Schaden erleiden musste. Das war besonders in dem meißnisch-magdeburgischem Krieg der Fall, der sich aus einer Reihe ungeklärter Rechtsfälle entwickelte (1237-1243). Zu Verbündeten gegen das Markgrafentum Brandenburg wurden der Erzbischof v. Magdeburg (wegen des Bistums Lebus), der Bischof von Halberstadt (wegen der Erbnachfolge in der Grafschaft Hadmersleben) und der Markgraf Dietrich von Meißen (wegen der Lausitz). Die Markgräfin Mechthild (Mutter der Markgrafen Johann I. und Otto III. ) Erhob Erbansprüche auf die Niederlausitz. Dagegen wandte sich Markgraf Dietrich von Meißen, der ebenfalls Erbansprüche anmeldete, fiel in die Niederlausitz ein und besetzte das Land ostwärts und südlich von Berlin. Die Markgrafen brachten ein Heer zusammen, um es gegen Dietrich zu führen, zunächst aber war ihnen Erfolg versagt. In der Schlacht von Mittenwalde wurde dann aber Dietrich entscheidend geschlagen und musste die besetzten Gebiete räumen. Unterdessen (1240) waren der Erzbischof von Magdeburg und der Bischof von Halberstadt mit ihren Truppen in die Altmark eingefallen, verwüsteten ganze Landstriche und ließen viele Dörfer in Flammen aufgehen. In einer Blitzaktion eilte Markgraf Johann aus der Mittelmark in die Altmark mit nur wenigen Bewaffneten, machte die Altmärker gegen die Eindringlinge mobil und stellte sich den erzbischöflichen Truppen bei Gladigau. In einer für beide Seiten verlustreichen Schlacht konnte der Markgraf die Oberhand behalten. Der Bischof von Halberstadt wurde gefangen, der Erzbischof floh verwundet in die Burg Kalbe. Darauf belagerten die Markgrafen gemeinsam Stadt und Burg Kalbe. Der Erzbischof konnte entkommen, die Burg wurde von den Markgrafen völlig zerstört. Damals wurde sicher auch der gewaltige Burgturm, dessen Fundamente später unter der heutigen Kapelle, dem Burgturm und dem davor liegenden Hof festgestellt wurden, zerstört. Aus der Zerstörung ihrer eigenen Burg müssen wir schließen, das sich der Wert der Burg Kalbe für die Markgrafen zu diesem Zeitpunkt verändert hatte. Sicherlich ein halbes Jahrhundert hat die Burg zerstört oder wenigstens stark beschädigt gestanden, ehe die von Kröchern die Burg Kalbe mit Zubehör verliehen bekamen. Der Neubau der Burg wird gegen Ende des 13. Jahrhunderts erfolgt sein


Aus einer Schrift zu 1.000 Jahre Kalbe (Milde) von Pfarrer S. Schneider

   
  
 

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